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Von der Singspielhalle zum Kinocenter
Das „Wiener Colosseum“ war, schreibt Franz Hadamowsky in seiner Theatergeschichte Wien 1988, „ein typisches Beispiel für die Wandlung eines Unternehmens von der Singspielhalle zum Varieté, vom Varieté zum Theater und vom Theater zum Kino, das dann im Neubau eines Wohnhauses verschwindet; es ist auch ein Beispiel für nicht ganz durchschaubare Haus-, Grundstücks- und Vermögensspekulationen.“

Gründung
Zwischen 1896 und 1898 ließen Leopold Roth und Dr. Heinrich Klitsch das Haus 9., Nußdorfer Straße 4–6, erbauen – Architekt war Carl Stephan (1842-1919), einer der prominentesten Architekten der „Ringstraßenära“ –, in dem sich von Beginn an das Unterhaltungsetablissement „Wiener Colosseum“ befand, das über einen großen Tanzsaal mit Galerie und Logen, daran angeschlossene Speisesäle zu beiden Seiten sowie „Restaurationsräume“ und „Gesellschaftszimmer verfügte“.
Die ersten grundbuchlich nachweisbaren Pläne für den Neubau lagen bereits im Jahr 1887 vor, doch eröffnet wurde das „Wiener Colosseum“ erst Ende 1898 bzw. Anfang 1899, wobei hier unterschiedliche Daten in den Akten und Publikationen zu finden sind (10.12.1898, 22.12.1898, 31.12.1898, 1.1.1899). 1887 wurde Dr. Heinrich Klitsch als Eigentümer der Immobilie genannt, spätestens bei der Eröffnung wurde als neuer Eigentümer die Kommanditgesellschaft „Roth & Co.“ genannt, der auch einige Gläubiger der in Konkurs gegangenen ehemaligen Eigentümer-Gruppe angehörten.

Über die aufwändige Gründung und deren Hintergründe berichtete Anfang 1899 das Wiener Montagsblatt:

„Ein hiesiges Blatt entrollte in der vergangenen Woche die Verhältnisse des neuen Unterhaltung Lokales, welches mit einem in Wien nicht gebräuchlichen Aufwand von Reklame in Szene gesetzt wurde. Die wirtschaftlichen Intimitäten aus dem Wiener Colosseum bieten gewiss genug interessante Details, um auch den größten Enthusiasten die Zukunft der Vergnügungsstätte in der Nußdorfer Straße in nicht allzu rosigem Lichte erscheinen zu lassen. Man wird auch nicht abgeneigt sein, für den Unglückspropheten diesmal eher die Bezeichnung als klar berechnenden Kopf, denn als Totenvogel zu wählen. In sehr ausführlicher Weise hat der Berichterstatter die Entstehung des Colosseums geschildert, seine Erfahrungen über die derselben vorangegangenen Kalamitäten mitgeteilt und die Geschäftsleute vor allzu großer Bereitwilligkeit im Kredit gewähren gewarnt.“

Erster künstlerischer Leiter war der Wiener Volkssänger Karl Steidler, der sich schon in den Jahren zuvor immer wieder um eine Singspielhallenkonzession bemüht hatte, jedoch zuletzt von der Statthalterei gebeten wurde, einen fixen Spielort anzuführen – das neue Wiener Colosseum.
Bereits im Jänner 1899 erweiterte Steidler am neuen Standort seine Konzession und bot nun auch, obwohl vorerst Bedenken dagegen angeführt wurden, die sich vor allem auf die so noch größere Konkurrenz zum schon bestehenden Harmonietheater bzw. Orpheum im Bezirk bezog, Vorführungen mit „dressierten Tiere“ an.
Spätestens im März 1899 kursierten Gerüchte über den Zusammenbruch der Firma von Roth und Klitsch, der mit einem außergerichtlichen Vergleich der beiden Gründer endete.

Ab 15. Mai 1899 findet sich Ben Tieber als Direktor, während Steidler von da an im Intimen Theater (heute: Theater Nestroyhof Hamakom) tätig war –, und noch im selben Jahr verpachtete die Gesellschaft Roth & Co. die Räume an Karl Blasel, der seinerseits bis 1895 Direktor des Carltheaters und danach Gründungsmitglied des Kaiserjubiläums-Theatervereins gewesen war. Scharfen Protest gegen die Neuübernahme legte so auch der damalige Direktor des Kaiserjubiläums-Stadttheaters (heute: Volksoper) ein, denn das „Wiener Colosseum“ lag in unmittelbarer Nähe – doch in diesem Falle erhielt Blasel die nötige Zustimmung durch den Statthalter. Sein Bemühen, neben der Pacht auch noch die Konzession zu erhalten, führte wiederum zu einem Konflikt mit Steidler, der immer noch Konzessionsinhaber war. Doch auch in diesem Falle konnte Blasel die öffentliche Hand überzeugen und erhielt am 15. September 1899 die nötige Singspielhallenkonzession. (Bereits aus dem August 1899 liegt ein Plan des Theaters vor, das sowohl von der Gesellschaft wie von Blasel unterzeichnet wurde. )

Interessant für die folgende Geschichte des Orte ist, dass Blasel nur wenige Wochen später erstmals hier einen „Biographen“ präsentierte – gefolgt von einem ersten Verbot, dann einer Genehmigung und schließlich einem Filmbrand am 4. Jänner 1900, der den Apparat unbrauchbar machte, sodass diese Attraktion wieder eingestellt wurde.
1901 musste Blasel den Konkurs für das „Wiener Colosseum“ anmelden. Die Eigentümer der Immobilien, die Kommanditgesellschaft Roth & Co., suchte nun keinen Pächter mehr, sondern betrieb das Unterhaltungslokal auf eigene Kosten, eingesetzt wurde als erster artistische Leiter Arthur Brill, Prokurist der Firma.

1902 wurde der Firma die Konzession gewährt, und noch im selben Jahr ersuchten die Eigentümer um eine wesentliche Erweiterung der Konzession, die nun neben Singspielhallen-Darbietungen - Theateraufführungen, Tanzproduktionen, Gesangsvorträge, Pantomimen, „lebende Bilder“ und „dressierte Tiere“ – auch folgende Programme beinhalten sollte: „Zauberer, Prestidigateuren, Illusionisten, Rechenkünstler, Schnellmaler und Schnellzeichner, Silhouttisten, Modelleure, plastische Posen, Transformationskünstler, Musiker jeder Art, Kunstpfeifer, Tierstimmenimitatoren, Ventriloquisten, Phonographen, Radfahrer, Taucher, Serpentinentänzer und Tänzerinnen zur Aufführung von Balletten und zu Vorstellungen mit dem Kinematographen“.

1903 wurde das Varieté in den Garten des „Wiener Colosseum“ verlegt und sowohl hier wie auch im Saal Programm geboten.

1906 verließ Brill die Firma, gefolgt von Louis Mittler als Prokuristen – und damit Varietédirektor im Auftrag der Eigentümer.

1908 hatten die Varieté-Einlagen an Attraktivitäten verloren, und Roth & Co. bemühten sich, aus dem Unterhaltungslokal ein „echtes“ Theater zu machen mit „ein- oder mehraktigen Theaterstücken nur mit gesprochenem Text, aber mit Szenen“. Im Sommer wurde die Konzession auch um musikalische Theaterdarbietungen erweitert, doch wurde festgehalten, dass sich keinerlei Konkurrenz zum Kaiserjubiläums-Stadttheater ergeben durfte und dass für die neue Konzession auch die räumlichen Gegebenenheiten adaptiert werden mussten.

Im Jahr darauf gaben die Eigentümer ihre Leitung auf und verpachteten das neue Theater wieder – zuerst an Louis Mittler, ab 1913 an dessen Stellvertreter Paul Goldberg, den Inhaber der Buchdruckerei Pago. Zeitgleich wurde eine neue Gesellschaft gegründet, die „Kolosseum-Gesellschaft“, die von nun an den Pachtvertrag mit Roth & Co. innehatte. Zur Gesellschaft gehörten Mittlers Schwester Therese Schulhof sowie Karl und Helene Viktora, die den Gasthof im „Wiener Colosseum“ führten. Die Konzession blieb bei Goldberg allein, künstlerischer Direktor der neuen Gesellschaft wurde Leo Katscher.

Doch da die Vorstellungen erst um 22 Uhr beginnen durften – um der nunmehrigen „Volksoper“ keine Konkurrenz zu machen –, lief der Betrieb nur in Maßen gut, sodass anlässlich eines mehrmonatigen Gastspiels der Exlbühne um die Vorverlegung der Beginnzeit auf halb neun angesucht und dieser schließlich trotz Kritik des Verbandes der österreichischen Theaterdirektoren stattgegeben wurde.

Die Exlbühne gastierte hier bis Juni 1914, doch obwohl sich die Situation dadurch etwas entschärfte, legte Goldberg seine Konzession zurück. Erneut versuchten es die Hauseigentümer selbst, doch schon bald wurde das Theater gesperrt. Während des Krieges gab es eine Reihe von Gastpsielen, u. a. der Wiener Bühnenkünstler in der Leitung von Karl Marfeld-Neumann oder des Bürgertheaters in der Direktion Oskar Fronz. Bereits 1915 las man in der Presse, dass Arthur Rundt beabsichtige, das Theater ganz aus dem „Varietéstand“ zu heben und hier die ehemalige „Freie Volksbühne“ unter dem neuen Vereinsnamen „Neue Freie Volksbühne“ zu etablieren.
Die Freie Volksbühne hatte zuvor in der Neubaugasse im späteren Renaissancetheater und heutigen Theater der Jugend gespielt, musste jedoch bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges aufgeben und den Verein auflösen. Nun wurde der Verein wiedergegründet, dessen Proponent neben Rundt der damalige Direktor der österreichischen Alpe-Montan-Gesellschaft, Dr. Eugen Herz, war. Der neue offizielle Vereinsname war „Volksbühnen-Verein in Wien“, der neue Zweck, „der Betrieb eines theater in Wien unter dem Namen ,Volksbühne‘ und die Veranstaltung von Vorträgen und Konzerten, der Vorführung von Werken der bildenden Kunst und der Herausgabe von Druckschriften literarischen Inhalts zum Zwecke der Weckung und Förderung des Verständnisses für die Kunst und die Kunstwerke im Volke.“
Am 18. April folgte die konstituierende Generalversammlung des Vereins, zu dessen Vorstand sieben Industrielle, zwei Advokaten, ein Bezirksrichter, der Redakteur Maximilian Schreier und der Feldmarschalleutnant i. R. Arthur Grünzweig von Ehrensieg zählten.

Eröffnet wurde das Theater jedoch nicht als „Neue Freie Volksbühne“, sondern unter dem Namen „Neue Wiener Bühne“ am 2. Februar 1917 mit Hasenclevers Drama Der Sohn. Direktor war Rundt, zweiter Direktor Hans Ziegler.

Vom Verein hörte man von da an nichts mehr – als man 1925 nach dessen Verbleib fragte, erinnerte sich eines der einstigen Ausschussmitglieder daran, dass der Verein wohl schon 1917 oder 1918 wieder aufgelöst worden war. Erst 1939 wurde durch den nunmehrigen „Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem deutschen Reich“ der „Volksbühnen-Verein“ offiziell aufgelöst, die Löschung erfolgt im Mai 1941, nachdem das Polizeiamt Alsergrund erklärt hatte, der Verein hätte sich „im Jahr 1916 aufgelöst“.

In den wenigen Monaten ihres Bestehens bot die „Neue Wiener Bühne“, so Hadamowsky, „gute literarisches Zeittheater“, man spielte Ibsen, Hauptmann, Shaw und Lengyel, Klassiker ebenso wie „Expressionisten“ wie Hasenclever oder Kaiser. Schauspieler-Größen wie Max Pallenberg (Familie Schimek), Alexander Moissi, Albert Bassermann und Ida Roland traten hier auf, Auguste Pünkösdy und Josef Schildkraut gehörten zum festen Ensemble.

Doch schon ab 1917 findet man in den Akten des Wiener Stadt- und Landesarchivs ein neues Unternehmen an dieser Adresse: das „Wiener Komödienhaus“, das in der Direktion Georg Höllering am 1. Oktober 1918 hier eröffnete. Höllriegel findet sich in den Akten auch noch 1920 als Direktor und Inhaber der „Singspielhallenkonzession“. Doch im selben Jahr wurde das Theater von den beiden nunmehrigen Direktoren G. H. und Gustav Müller erneut umbenannt und hieß von nun an „Metropol-Theater“. Gespielt wurde u. a. Leidensweg Christi, für das man im zweiten Teil um die Genehmigung zur Errichtung einer Brücke ansuchte, die durch den Zuschauerraum laufen sollte. In einem anderen Schreiben dieser Zeit wird die Direktion mit „Inhaber: Verlag Ed. Strache, Georg Höllering“ ausgewiesen, geprobt wurde damals hier Der Tanz ins Glück, „welches im Raimundtheater bereits 200mal aufgeführt wurde“. Das Haus selbst war nach Kriegsende in den Besitz des Verlages Strache übergegangen, der seinerseits Höllriegel als Direktor eingesetzt hatte. Spätestens 1924 wurde der Theaterbetrieb an diesem Standort eingestellt und wurde an dieser Adresse das nunmehrige Colosseum Kino errichtet, das hier bis 2002 existierte.

Der Kinobetrieb
Am 7. April 1924 suchte die Wiener freiwilligen Rettungsgesellschaft (Radetzkystraße 1, 1030 Wien) erstmals mit einem Schreiben an die Magistratsabteilung 6 – Sicherheits-, Vergnügungs- und Verkehrsangelegenheiten (später: Magistratsabteilung 52) um die „Lizenz zur Veranstaltung von Kinovorstellungen mit dem Standort Wien 9. Nussdorferstraße 2–4 (Komödienhaus, Kolosseum) an“. Die Betreiber der bereits bestehenden Kinos im 9. Bezirk wandten sich daraufhin mit Unterstützung des Bundes der österreichischen Lichtspieltheater dagegen, da im Bezirk „bereits 10 Kinos mit einem Fassungsraum von rund 3.700 Personen [existierten], die sich jetzt schon in einem derartigen Maße konkurrieren, dass sie schwer um ihre Existenz ringen müssen“. Nach einem daraus resultierten vorzeitigen Ablehnen des Ansuchens wurde durch die Gemeinde Wien schließlich mit 10. Oktober 1925 der Verleihung einer Kinolizenz doch zugestimmt, wobei die Lizenz an die Wiener freiwillige Rettungsanstalt verliehen wurde. Das Kino wurde an Stelle des ehemaligen Tanz- und Speisesaals im Souterrain des Hauses errichtet und galt von da an als Wiener Großkino. Der Saal war 29 Meter lang und 20 Meter breit mit einer eigenen Publikumsgalerie und fasste anfangs 664 Personen.
Geschäftsführer des Kinos wurde Ludwig Domansky, der langjährige „Inhaber“ (Pächter) des Gartenbaukinos (Parkring 12, 1010 Wien), der als Teilhaber der Komödienhaus Kommanditgesellschaft auch zu den neuen Eigentümern der Liegenschaft zählte. Doch Domansky starb am 22. März des Folgejahres unerwartet, und so übernahm seine Tochter Maria (auch: Marie) Hellmann (* 19. Mai 1901 als Marie Domansky in Wien) die Geschäftsführung des Großbetriebs. Marie, die mit dem Rechtanwalt Dr. Sigmund Hellmann verheiratet war, übernahm nach dem Tod ihres Vaters gemeinsam mit ihrem Schwager Max Hellmann auch die Komödienhaus Kommanditgesellschaft als Eigentümerin des Betriebs. Der im polnischen Prabuzna geborene Musiker und Dirigent Max Hellmann wurde zum neuen „Direktor“ des Betriebs und war ab 1931 auch Präsident des Bundes der Kinematographenbesitzer. Die neuen Kinobetreiber:innen erweiterte den Vorführsaal auf 688 Personen, wobei das Parterre 500 Personen und die Galerie 188 Person fasste. 1927 wurde auf einen Fassungsraum für 708 Personen erweitert.
In den ersten Jahren gab es noch keine Vorführkabine, und die Filme wurden aus dem Bühnenhintergrund auf die Leinwand projiziert, die vor jeder Vorstellung angefeuchtet werden musste, um sie lichtdurchlässiger zu machen. Die ungewöhnliche Vorführtechnik wurde erst durch den Einbau eines eigenen Operations- und Projektionsraumes beendet, der am 22. Oktober 1929 durch ein Schreiben der Magistratsabteilung 52 bestätigt wurde. Kurz darauf wurde auch die Errichtung einer Tonfilmanlange des Systems „Western Electric“ genehmigt, bei der die beiden Lautsprecher hinter der Bildfläche angebracht wurden.

Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 wurde in einem ersten Schritt die Konzession, die noch immer bei der „Wiener freiwilligen Rettungsgesellschaft“ lag, von der Außenstelle Wien der Reichsfilmkammer übernommen. Die Komödienhaus Gesellschaft als Eigentümerin des Betriebs hielt bereits vier Tage nach dem „Anschluss“ in einem Schreiben an den Bund der Wiener Lichtspieltheater fest, man habe alle „nicht-arischen“ Gesellschafter – darunter den Mitgeschäftsführer Max Hellmann – bereits durch „Arier“ ersetzt worden. Marie Hellmann ließ sich umgehend von ihrem jüdischen Ehemann Sigmund Hellmann scheiden, Hellmann selbst emigrierte in die USA.

Maria Domansky-Hellmann konnte das Kino dennoch nicht halten. Im Zuge der folgenden „Arisierung“ wurde es an Karl Hanisch, einen Mitarbeiter der Reichsfilmkammer, Außenstelle Wien, sowie an Paul Slupetzky übertragen. Der Versuch Marie Hellmanns, durch ihre Aufnahme in die Reichsfilmkammer erneut an die „Spielbewilligung“ (als Nachfolge der Kinokonzession) zu gelangen, scheiterte.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die frühere Eigentümerin und Geschäftsführerin von der amerikanischen Besatzungsbehörde der Alliierten zur öffentlichen Verwalterin des Kinos ernannt. Der Spielbetrieb wurde durchgehend aufrechterhalten, wobei ab 1. November 1945 drei der vier täglichen Vorstellungen kostenlos für die US-Besatzungsmacht reserviert wurden.
Marie Hellmann stellte bereits im Dezember 1945 einen Antrag auf die erneute Konzessionsverleihung, der auch vom damaligen öffentlichen Verwalter des Gremiums der Lichtspielunternehmer Österreichs befürwortet wurde. Dennoch wurde ihr Antrag schlussendlich im Jänner 1948 abgewiesen. Die Konzession des Kinos ging stattdessen an die gemeindeeigene KIBA, wobei der Betrieb noch bis Ende 1952 von der amerikanischen Besatzungsmacht genutzt wurde und das Kino für einige Zeit in Yank Kino umbenannt wurde, ehe es ab den 1950er-Jahren erneut „Kolosseum Kino“ hieß.
Hellmann blieb auch in der neuen KIBA-Leitung Geschäftsführerin des Betriebs. Als vom Wiener Magistrat bestellte „öffentliche Aufsichtsperson“ erhielt sie eine monatliche „Aufwandsentschädigung“ von 700 Schilling.

Ab Jänner 1953 pachteten die ehemaligen „Ariseure“ des Kinos, Karl Hanisch und Paul Slupetzky, die Kinokonzession wiederum von der KIBA und führten den Betrieb von nun an weiter. Auch in dieser Zeit blieb Marie Hellmann Geschäftsführerin des Betriebs. 1954 wurde das KIBA-Kino von Robert Kotas gemeinsam mit W. Koch umgebaut und zu einem der damals modernsten Wiener Großraumkinos. Zu den ersten Höhepunkten nach der Neueröffnung zählte die öffentliche Übertragung der Olympischen Winterspiele in Cortina d’Ampezzo als „Großbild-Fernsehen“, die von 26. Jänner bis 5. Februar 1956 zu einem Wiener „Medienereignis“ wurde.
Die „öffentliche Verwaltung“ des Kolosseum Kinos wurde schließlich 1962 durch das Finanzministerium aufgehoben und Marie Hellmann endgültig aus dem Kino abberufen – die Lizenz blieb bei der KIBA, Betreiberin war von nun an die „Slupetzky & Hanisch Kolosseum Filmtheater Gesellschaft“ der beiden einstigen „Ariseure“.

Das „Kolosseum Kino“ blieb auch in den kommenden Jahrzehnten eines der größten und beliebtesten Kinos der Stadt. Nach eine Reihe von Umbauten und Erweiterungen war das Kino mit acht Kinosälen eines der ersten „Cineplexe“ der Stadt. Am 2. März 2002 wurde das Kino geschlossen. 2004 wurden im Zuge von Umbauarbeiten im ehemaligen Colosseum Fresken entdeckt. Heute befindet sich in den Räumlichkeiten eine Filiale einer deutschen Supermarktkette.



Quellen
Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 104, A11: 9. Kolosseum-Kino
Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 471, A3/3: 9. Nußdorfer Straße 4 Kolosseum-Kino
Wiener Stadt- und Landesarchiv, Reichsfilmkammer, Außenstelle Wien, A1 – Kinoakten: 53 Kolosseum-Kino
Sitzungsbericht der Bezirksvertretung Alsergrund, 29.09.2004.