Kino im Arbeiterheim Kino – Thalia Theater – Plaza (ab 1933) Kreitnergasse 31 1160 Wien 1911 erhielt die „Bau-, Wohnungs- und Gastwirtschafts-Genossenschaft Arbeiterheim Ottakring“, vertreten durch Philipp Kütt, die „Bewilligung zur Veranstaltung kinematografischer Vorstellungen im großen Saale des Arbeiterheimes Ottakring“. Das Arbeiterheim Ottakring war 1906‒1907 nach Plänen von Ludwig A. Fuchsik und Ernst Ornstein für die sozialdemokratische Arbeiterschaft des Bezirks mit erbaut worden (Spatenstich: 14. März 1906, Eröffnung: 16. Juni 1907). Die Sandsteinfiguren Arbeiter und Arbeiterin an der Fassade schuf Anton Hanak. Den Baukredit stellte die Ottakringer Brauerei zur Verfügung, der dafür ein Monopol auf die Bierlieferung für das Buffet zugestanden wurde. Das Haus beinhaltete Klubräume, einen (alternierend genutzten) großen Theater- und Kinosaal und 40 Wohnungen gehobenen Standards, die über eine, damals noch pionierhafte, Zentralheizung verfügten. Die Genossenschaft war in diesem Falle sowohl Besitzer des Kinos wie auch dessen Lizenzinhaber. 1914 wurde hier ein Spital für verwundete Soldaten des Ersten Weltkrieges errichtet, sodass das Kino selbst in den „gartenseitigen Parterresaal“ verlegt wurde. Ab 1920 wurde die Kinolizenz alternierend für den großen Saal wie auch den Parterresaal angesucht. Der große Saal, der ab der Schließung des Kriegsspitals im Jänner 1919 wieder genutzt wurde, fasste über 1.000 Personen und wurde unter dem Namen „Thalia Theater“ an drei Tagen in der Woche für Theatervorführungen genutzt, an den vier anderen Tagen sollten nun wieder Filmvorstellungen gezeigt werden können. Kino- und Theatervorstellungen wurden von nun an nicht gleichzeitig hier gezeigt und der Saal sowohl als Theater- wie auch Kinosaal genutzt. 1932 wurde auch hier eine Tonfilmanlage errichtet, die mit 3. April 1932 in Betrieb gesetzt werden sollte. Ob dies tatsächlich der Fall war, ist unklar, da aus einem Schreiben vom 15. August 1933 hervorgeht, dass erst nach einer Schließung des Betriebes ab 18. August 1933 „mit den Tonfilmvorführungen“ begonnen wurde. Ab 15. Jänner 1933 verpachtete die Genossenschaft den „Theatersaal des Thaliatheaters an Herrn Edmund Hamber, Wien 7., Neubaugasse 38, zwecks Aufführung von Tonfilmen“, hieß es in einem Schreiben des Thalia Theaters der Bau-, Wohnungs- und Gastwirtschafts-Genossenschaft Arbeiterheim Ottakring vom 7. Jänner 1933. Und weiter: „Das Tonfilmkino wird unter dem Titel ,Plaza‘ geführt werden.“ Der umfangreiche Pachtvertrag wurde auf vorerst fünf Jahre geschlossen und endete am 30. Juni 1938. Dem Schritt folgte u. a. ein scharfer Artikel in der Zeitschrift Freiheit vom 2. Jänner 1933, gegen den die Genossenschaft in einem Schreiben an den Magistrat Stellung nahm. Hamber nannte sein Wiener Unternehmen von nun an „Plaza – Erstes Wiener Tonfilm-Varieté“ und brachte neben Filmen auch Revuen und andere Unterhaltungsprogramme mit namhaften Künstlerinnen und Künstlern mit einer eigenen „Tonfilm-Varieté-Lizenz“. Im März 1933 wurde hier etwa die Revue Küsst österreichische Frauen gezeigt, deren Autoren keine Geringeren als Karl Farkas und Franz Engel waren. Im April desselben Jahres folgte die „Ausstattungsrevue“ Hurrah – wie lieben, für die im Saal sogar eine Drehbühne eingebaut wurde. Für eine weitere Revue im Mai 1933 wurde das Rauchverbot für die Bühne aufgehoben, da, so die Genossenschaft in ihrem Schreiben, „laut Regiebuch während einer Szene unbedingt geraucht werden muss“. 1933 wurde die Konzession erneut auf die Genossenschaft verlängert und lief bis 31. Dezember 1936. Das Gebäude, das sich rasch zum wichtigsten Veranstaltungs- und Kulturzentrum der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten entwickelt hatte, wurde während der Februarkämpfe 1934 in der Nacht vom 12. auf den 13. Februar durch Geschützfeuer des Bundesheers schwer beschädigt. Ida Sever, die Frau des ehemaligen sozialdemokratischen Landeshauptmanns von Niederösterreich, Albert Sever, wurde dabei getötet. In den Morgenstunden des 13. Februars 1934 wurde das Arbeiterheim gestürmt und besetzt. Da das Gebäude zu stark beschädigt wurde, um es wieder aufzubauen, musste die Genossenschaft in der Folge Konkurs anmelden, und die Konzession zur Betreibung des Kinos wurde mit Februar 1935 vonseiten des Besonderen Stadtamtes II zurückgenommen. In der Folge bemühten sich mehrere Personen, darunter der Fabrikant August Reichert, Theodor Lussnigg und der Verband der österreichischen Kriegsopfer, um die Übernahme der Konzession. 1936 scheiterten jedoch auch diese Verhandlungen. Das Kino wurde nicht mehr eröffnet. 1936 wurde das Haus zur Gänze abgetragen. Heute befinden sich an der Stelle des ehemaligen Arbeitsheimes, Kriegsspitals und Ottakringer Großkinos ein Gemeindebau sowie eine Erinnerungstafel an den Februar 1934: „Am 12. Februar 1934 verteidigten hier, im früheren Ottakringer Arbeiterheim, Angehörige des Republikanischen Schutzbundes die Verfassung und die Freiheit der Republik Österreich. Im Gedenken Sozialistische Partei Österreich, Bezirksorganisation Ottakring, Bund sozialistische Freiheitskämpfer Ottakring.“ Fassungsraum 1.004 (1914) 334 (1914) 1.474 (1928) 1.264 (1933, nach Umbau) Quellen Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 104, A11: 16. Arbeiterheim Kino, Plaza Kino M.Abt. 350, Kinos: Kino- und Theaterpolizei, A14/2, 4: Kinos 15. und 16. Bezirk Werner Michael Schwarz: Kino und Kinos in Wien. Eine Entwicklungsgeschichte bis 1934. Wien: Turia & Kant 1992, S. 277. ![]() ![]() < zurück |