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![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Nach der Fertigstellung der Markthalle blieb diese bis zum Jahr 1949 unverändert. Bereits im Jahr 1937 boten dort nur noch 6 Fleischhauer, 9 Mehlmesser, 8 Obst- und Gemüsehändler, 2 Blumenverkäufer, 3 Milchverschleißer und 1 Fischgeschäft ihre Waren an. Und der Betrieb schrumpfte auch in den folgenden Jahren immer mehr. Nach Ende des Krieges war die Markthalle nicht mehr zu halten. 1949/50 wurde umgebaut - und am 5. April 1950 fand die feierliche Eröffnung des Forum Kinos in der Stadiongasse statt. Unter den Gästen befanden sich neben den Vertretern der Alliierten Bundespräsident Dr. Renner, Bundeskanzler Ing. Figl, Vizekanzler Dr. Schärf, Bürgermeister Körner sowie zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen und kulturellen Wiener Lebens. Stadtrat Afritsch eröffnete das neue Wiener Großkino in seiner Eigenschaft als Präsident der Kiba. Der Umbau - ein Projekt der Stadt Wien - kostete nicht weniger als drei Millionen Schilling - wobei Stadtrat Afritsch bei seiner Eröffnungsansprache betonte, dass dieses Geld nicht aus den Steuerkassen der Gemeinde Wien stammte, sondern teilweise aus Eingängen der Kiba und von anderen Bankkrediten. Das Forum Kino umfasst nicht weniger als 1.147 Sitzplätze, wobei großer Wert auf bequeme Sitzgelegenheiten und auf gute akustische Wirkung gelegt wurde und das Kino mit der ersten österreichischen Kino-Klimaanlage ausgestattet wurde. Die Presse berichtete anlässlich der Eröffnung über die aufwendige Innenaustattung des neuen Wiener Kino: "Besonders die Farbtönung in braunem Mahagoni, gelbem Hermatex, elfenbeinfarbenem Anstrich und weißem Plafond ist zu dem weiß-braun gestreiften Vorhang gut abgestimmt." Das Forum Kino wurde auch in den kommenden Jahren vielfach genutzt - u.a. für Modeschauen auf der der Kinoleinwand vorgebauten Bühne sowie für Ausstellungen der österreichischen Textil-, Schuh- und Lederwarenindustrie in den Vitrinen der zahlreichen Aufenthaltsräume des Kinos. Als im Oktober 1955 das wiederaufgebaute Burgtheater, ganz in der Nähe des Forum Kinos, feierlich eröffnet wurde, sollte die Eröffungsfeier live im Forum Kino übertragen werden. Doch die Projektoren fielen aus, und so konnte die Direktübertragung der Wiedereröffnung des Burgtheaters am Ring nicht im Forum Kino realisiert werden. (1) Trotz des reichhaltigen Angebots konnte sich das Kino in den folgenden Jahren nur schwer halten: "Mit seinem großen Kinosaal und seinen weitläufigen Foyers versprach das Forum mehr, als es - sobald ein 70-mm-Film zu laufen begann - halten konnte: Die Projektionsfläche war zu klein für den großen Fassungsraum, und die Zuschauer wurden vom kleinen Bild enttäuscht. Cinemascope und 70 mm kamen nicht so zur Geltung wie vergleichsweise im Gartenbau Kino. Eine Vergrößerung der Bildfläche war nicht möglich, da die Stützmauern der alten Markthalle keine Erweiterung erlaubten - […]." (2) Nach nur 24 Jahren Spielbetrieb wurde 1974 das Forum Kino abgerissen und an seiner Stelle die EDV-Verwaltung der Gemeinde Wien angesiedelt. Zuletzt befand sich hier das Rechenzentrum der Stadt Wien, ehe auch dieses 2018 abgerissen wurde. Eine detaillierte Beschreibung des Umbaus bot anlässlich der Eröffnung des Kinos die Wiener Zeitschrift Kunst ins Volks: „Die im Jahr 1878 auf dem ehemaligen Glacis erbaute Markthalle, welche ihre Widmung in den zwanziger Jahren aus verschiedenen Gründen verloren hatte, stand seit mehr als 10 Jahren im Mittelpunkt neuer Bauinteressen. Nach reiflicher Überlegung entschloß man sich, in die dreischiffige Halle ein Großkino für die Stadt Wien einzubauen. Es bestand daher für den Architekten einer fester Rahmen, dessen er sich bei der Neuprojektierung bedienen mußte. Allein diese Tatsache und die Formenentwicklung unserer modernen Zeit der Technik sollte dieses neue Bauwerk von dem Ballast einer gekünstelten Formgebung befreien und ihm ein rein konstruktives Aussehen geben. Dieser Gedanke sollte sich sowohl an den Elementen des massiven Baues als auch an jenen der Raumgestaltung und Inneneinrichtung bemerkbar machen. In diesem Sinne ist hier insbesondere auf die schalenreinen Betonkörper an der Fassade des Hauses hinzuweisen, bei welchen zum großen Teil die erforderlichen statisch ermessenen Trag- und Überbrückungsglieder in ihrer elementaren Form sichtbar blieben. Ebenso verleihen die sichtbar geblieben und verdeckten Glühlampen in den Innenräumen des Hauses sowie unverdeckte Stabgittertragwerke für die Neon-Beleuchtung an der Außenseite des Hauses diesem Gedanken ihren Ausdruck. Auf Grund langjähriger Erfahrungen im Kinobau sollte endlich bei diesem Neubau ein Grundübel aus der Welt geschaffen werden, welches bis heute noch fast alle heimischen Kinos aufweisen: das Abgehen von der Enge zur großzügigen Anlage von Vorräumen, Hallen und Wartegelegenheiten. Wenn die Stadt Wien mit ihren Filmtheatern mit diesem Grundübel zu kämpfen hat, so ist dies ausschließlich auf die Tatsache zurückzuführen, daß fast kein einziges Filmhaus existiert, welches als solches erbaut worden ist, sondern die meisten wurden aus Theatern oder Kleinkunstbühnen zu einem Kino umgebaut. Das neue Forum-Kino besitzt neben einer wettergeschützten Vorhalle eine 250 m2 große Säulenhalle, die die erforderlichen Betriebseinrichtungen, wie Kassen, Bufetts, Fernsprechzellen, Garderoben und Toilettenanlagen enthält. Um selbst diesem großen Raum nicht den Charakter der Abgeschlossenheit zu heben, wurden Deckenkonstruktion und Stiegenhaus so gestaltet, daß die räumliche Verbindung aller dem Publikum zugänglichen Warteräume geöffnet blieb und selbst Saalzugangssperren nur ideelle Trennungen bekommen haben. Die im Balkongeschoß angelegte Säulenhalle erfüllt ihren Zweck als Warteraum und bildet mit einem groß angelegten Bufettbetrieb, zahlreichen bequemen Sitzgelegenheiten, Schaubildern und Ausstellungsgegenständen den Mittelpunkt der Anlage. Eine freie Sitzterrasse zur Stadiongasse bietet dem Besucher in der warmen Jahreszeit Sitz- und Erfrischungsgelegenheit. Mit wechselnden Ausstellungen von Bildern zeitgenössischer Maler sowie Skulpturen in den Hallen und Wandelgängen hat dieses Haus den alten Charakter eines Kinos, wie wir es bisher kannten, bereits verloren. Es ist zu einer Unterhaltungsstätte anderer Ordnung geworden. Der Zuschauerraum selbst faßt 1147 Personen, seine Einrichtung ist mit den erfahrungsgemäß besten Mitteln ausgestattet. Neue Fauteuils mit Schaumgummipolsterung und gekrümmten, nach rückwärts geneigten Sitzlehnen sowie der fußwarme Saalboden mit einem neuartigen Gummibelag bieten dem Besucher jede Bequemlichkeit.“ (3) Architekt: Robert Kotas, Wien Bauarbeiten: Stadtbaumeister Franz Jakob, 1070 Wien Neonbeleuchtung und Lichtreklame: Hermann Schacht, 1070 Wien Eisenkonstruktion und Schlosserarbeiten: Karl Berger, 1060 Wien Zentralheizung und Klimaanlage: F. Bothe & Co., 1120 Wien Tischlerarbeiten, Edelholzwandverkleidung: Josef Slama, 1070 Wien Einrahmungen: E. Biemüller, 1150 Wien Ansteicherarbeiten: J. F. Gärtner, 1150 Wien Möbel-, Vorhangstoffe und Bodenbelag: Max Schmid, 1010 Wien Kunstgewerbliche Metallarbeiten und Beleuchtungskörper: Kaspar & Sic, 1070 Wien Installationsarbeiten: G. u. Ing. J. Horicky, 1090 Wien Teppiche, Möbel- und Vorhangstoffe: Philipp Haas & Söhne, 1010 Wien Malerarbeiten: Heinrich Brückner, 1160 Wien Licht & Kraft: Ing. K. Rukser, 1190 Wien Licht-, Kraft- und Reklameanlagen: Ing. Fritz Bergmann, 1140 Wien (4) Quellen & Links: (1) Klaus Dermutz: Das Burgtheater 1955-2005. Die Welt-Bühne im Wandel der Zeiten. Mit einem Essay v. Klaus Bachler. Wien: Deuticke 2005 (= edition burgtheater), S. 205. (2) Grafl 1993, S. 147. (3) & (4) Das Forum-Kino in Wien. Ein neuer Großkino-Bau des Architekten Robert Kotas. In: Kunst und Volk. Zeitschrift für Freunde der bildenden Künste. Malerei/Graphik/Plastik/Architektur/Kunsthandwerk/Mit dem Beiblatt „Der Kunstmarkt“, hg. v. Karl Strobl. II. Jg., Folge 5/6, Mai/Juni 1950 (Verlag „Kunst ins Volks“, Wien), S. 227‒230 (4 Abb.). |