< zurück

Gründung und Eröffnung als Komische Oper

Die ersten Pläne gehen auf das Jahr 1872 zurück, als eine Proponentengruppe am Schottenring ein "Wiener Actien Theater" errichten wollte (Aufbringung der Mittel durch die Gründung einer AG).
Am 3. Oktober 1872 erfolgte die kaiserliche Genehmigung zum Bau eines stabilen Theaters unter dem Namen "Komische Oper" für "theatralische Vorstellungen jeder Art und des Ballets", am 29. Jänner 1873 erteilte die Gemeinde Wien den Baukonsens.

Das Theater wurde 1873/1874 nach Plänen von Emil von Förster erbaut (Baubeginn Februar 1873). Da die Bauparzelle klein war, das Theater aber 1.700 Personen Platz bieten sollte, musste Förster eine Raumerweiterung nach oben anstreben. Das Ringtheater wurde am 17. Jänner 1874 als Komische Oper in der Direktion von Albin Swoboda mit Barbier von Sevilla eröffnet und stellte nicht zuletzt auch ein Gegenmodell zur Hofoper dar.
Die polychrome Malerei am Plafond stammte von Ignaz Schönbrunner, die Bildhauerarbeiten des Auditoriums von Georg Schröffl. Die fächerförmige Bekrönungsgruppe über den Giebelgraden schuf Edmund Hellmer.

Bereits im Sommer 1874 entschloss sich das Konsortium, das Theater in Hinkunft nicht mehr selbst zu führen, sondern zu verpachten; unter den Bewerbern befanden sich auch Gabor Steiner (Venedig in Wien) und der Komponist Johann Strauß, doch fiel die Entscheidung zugunsten des bisherigen artistischen Leiters Willy Hasemann, der internationale Gastspiele vorsah, jedoch nicht lange erfolgreich war.

Übernahme durch die Geschwister Strampfer
Nach mehrmaligem Wechsel wurde das Theater 1878 von Karoline Völkel-Strampfer gepachtet und in ein Lustspieltheater umgewandelt, die Direktion übernahm Friedrich Strampfer. Zugleich mit der Repertoireänderung erhielt das Theater am 16. September 1878 den neuen Namen "Ringtheater". Die Geschwister Strampfer präsentierten einen vielfältigen Spielplan.

Direktion Jauner
Ab 1880 stand das Theater unter der Direktion von Franz Jauner, der zuvor die Wiener Oper geleitet hatte. Am 8. Dezember 1881, gezeigt werden sollte die Wiener Erstaufführung von Offenbachs Hoffmanns Erzählungen, brach plötzlich im Theater ein Brand aus, der das Gebäude vollständig vernichtete und an die 400 Todesopfer forderte und als "Ringtheaterbrand" in die Wiener Theatergeschichte Einzug nahm.

Die Ursache für den folgeschweren Brand bestand in der Tatsache, dass es fünf Kästen mit je 48 Leuchtgasbrennern im Haus gab, die mit einem pneumatisch-elektrischen System entzündet werden konnten, das der Maschinenmeister des Hofburgtheaters, Barrot, erfunden hatte. Doch an jenem Abend versagte das System, und das entweichende Gas explodierte beim zweiten Entzündungsversuch. Es entstand ein Feuer, das aufgrund von Zugluft, die durch eine offene Seitentür verursacht wurde, sofort auf den Bühnenprospekt übergriff und kurz darauf den bereits voll besetzten Zuschauerraum erreichte. Da der Bühnenvorhang aber noch verschlossen war, bemerkten die Zuschauer die Gefahr erst, als die Flammen schon den Saal erreichten. Doch da die Türen des Gebäudes nach innen zu öffnen waren, die Menschenmassen sich aber in ihrer Panik an die Eingänge drängten, konnten diese nicht rasch genug geöffnet werden und an über 400 Menschen kamen, u. a. bei dem Versuch, aus den Fenstern und von den Balkonen ins Freie zu springen, um. Die Zahl der Todesopfer schwankt zwischen 386 und 448, doch nur 250 Leichen konnten identifiziert werden. Im Anschluss an die Katastrophe wurde ein Gedenkstein an die Opfer im Wiener Zentralfriedhof errichtet. Am 23. März desselben Jahres war die Oper in Nizza niedergebrannt und im August das Nationaltheater in Prag. Der Ringtheaterbrand, aber, der die mit Abstand schwersten Folgen hatte, wurde zum Auslöser für eine weltweit gültige Überarbeitung der Sicherheitsvorschriften in Theaterbauten, welche bis heute in ihrem Prinzip Gültigkeit haben. Die Gesetzesänderung hatte u. a. die Errichtung eines Eisernen Vorhangs zur Folge, darüber hinaus nach außen öffnende Türen sowie die Imprägnierung der Bühnendekorationen, die von nun an für alle Wiener Theater verpflichtend wurde. Ebenfalls wurden für die Wahl der Baumaterialien, der Beleuchtung und der Fluchtwege, aber auch in personeller Hinsicht - etwa die verpflichtende von Sicherheitsorganen während der Vorstellung, von nun an wesentlich strenger gehandhabt.

Von einem Wiederaufbau wurde Abstand genommen. An der Stelle der abgetragenen Brandruine entstand aus Mitteln der kaiserlichen Privatschatulle das sogenannte Sühnhaus, ein bekanntes Gebäude mit einer Gedenkkapelle nach den Plänen des Architekten Friedrich von Schmidt errichtet, dessen Zinserträge zu wohltätigen Zwecken dienen sollte.

1945 wurde auch dieses Gebäude so schwer beschädigt, dass es 1951 abgetragen werden musste. Lange Zeit blieb das Grundstück unverbaut. Erst 1969-1971 entstand (unter gleichzeitiger Heranziehung des Nachbargrundstücks; Schottenring 7-9) auf dem Areal ein Amtsgebäude errichtet, in welchem sich heute die Bundespolizeidirektion von Wien befindet. Heute erinnert eine Gedenktafel (s. o.) am Polizeigebäude an dieses ehemals zu den größten Theatern der Stadt zählende Gebäude.

Relikte des einstigen Theaters
Die vier Attikafiguren ("Singendes Quartett" von Friedrich Steger) wurden im östlichen Teil des Pötzleinsdorfer Schlossparkes (Pötzleinsdorfer Schloss) aufgestellt.
Zwei Säulen aus dem Ringtheater wurden als Spolien in der Herz-Jesu-Kirche wiederverwendet.
Eine weitere Säule befindet sich in Baden in Niederösterreich (Weilburgstraße 35), auf welcher 1884 eine alte Marienstatue aufgestellt wurde. Weitere Relikte finden sich auch im Theatermuseum und im Ottakringer Bezirksmuseum.

Der Ringtheaterbrand und der folgende Prozess wurde literarisch von Helmut Qualtinger und Carl Merz mittels eines Theaterstücks aufgearbeitet.











Fotos (von li. n. re.): Hinteransicht; das Gebäude des ehemaligen Ringtheaters an der Ecke zum heutigen De France Kino; Tafel zum Andenken an die Opfer des Brandes im Jahre 1881 (alle Fotos: ach, Juli 2007)