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Georg Schramm, ein Asperner Landwirt und Ziegelbrennerei-Besitzer, der zudem an einer lokalen Bankfiliale beteiligt war, initiierte 1935 ein Kino-Projekt, um das lokale Kulturangebot seiner Wohngegend zu verbessern. Gemeinsam mit seiner Frau kaufte er ein Grundstück, auf dem er ein Kino errichten ließ. Die Pläne für den neuen Kinobau stammten von Andreas Tröstner, die Bautätigkeiten wurden vom Wiener Stadtbaumeister Ing. Franz Katlein verantwortet, die elektrische Ausstattung lieferte die
SABEL-Installations Ges.m.b.H (9., Währinger Gürtel/Viadukt 158), die Bestuhlung wurde von der Firma Sembustower, Holzindustrie- und Handels-A.G.“ (10., Salvatorianerplatz 3) gefertigt, das Kino wurde zudem mit einer modernen ETNA-Heizungs-, Lüftungs- und Kühlungsanlage“ der Luftheizungs-Baugesellschaft Ges. m. b. H.“ (17., Lorenz-Bayer-Platz 4) ausgestattet.

Die neue Kinobau beherbergte links die Privatwohnung der Familie Schramm, rechts führte der Weg durch den Kassenraum und einen großen Wartebereich mit Büffet und Sanitäranlagen in den quadratischen Kinossal mit dessen 4,5 Meter breiten Leinwand, vor der sich ein eigener kleiner Orchesterbereich mit Klavier befand. Mit 11,5 x 21,85 Metern Raumgröße und, sechs Metern Raumhöhe reihte sich das neue Kino in die Mittelkinos, in den 20 Sitzreihen fanden 370 Personen teils auf Klappstühlen, teils auch auf gepolsterten Sesseln in sechs Logen am hinteren Ende des Saales und zu erhöhten Preisen Platz, wobei die 12. Reihe fußfrei war. Die Ausgänge des Kinosaales führten zum Innenhof des Gebäudes, von dem man wieder seitlich des Kinoeinganges zur Wimpffengasse gelangte.

Das neue Ton Kino Aspern wurde am 4. Jänner 1936 mit Herbert Selpins Komödie
Ein idealer Gatte nach dem gleichnamigen Stück von Oscar Wilde und mit den damaligen Publikumsmagneten Brigitte Helm und Karl Ludwig Diehl als Ehepaar Chiltern eröffnet.
Spieltage waren von nun an Dienst, Mittwoch, Freitag und Wochenende, wobei es am Sonntag statt sonst zwei sogar vier Vorstellungen pro Tag gab, wobei die Nachmittagsfilme immer für Jugendliche und Familien programmiert wurden.

NS-Zeit
Nach dem „Anschluss“ wurde das damals noch relativ neue Kino von der Reichsfilmkammer nur als „Bezirksnachaufführungstheater“ eingestuft. Schramm legte sich zudem mit dem neuen Regime an, als er sich weigerte, explizite Propagandafilme zu zeigen. Trotz seiner vorerst standhaften Haltung entschied sich der Kinoleiter schließlich doch, um die Mitgliedschaft in der NSDAP anzusuchen. 1940 wechselte er zudem regimekonform den Namen des Kinos auf Lichtspiele Aspern.

Da das Kino während des Krieges besonders gut lief, ließ Schramm ein Einlassgitter zwichen Kassenraum und Warteraum errichten, um so bessere Kontrolle über gelöste Karten zu haben. Die Attraktivität des Kinos führte auch dazu, dass eine Reihe größerer Propagandaveranstaltungen hier abgehalten wurden, wobei Schramm, wie alle Kinobetreiber in diesen Fällen, seine Räume dem Regime kostenfrei zur Verfügung stellen mussten.

Am 9. Februar 1943 starb Juliane Schramm infolge eines Herzleidens und fehlender medizinischer Versorgung, Georg Schramm führte das Kino von da an allein weiter, konnte jedoch gegen Kriegsende den Betrieb finanziell kaum noch erhalten, da es an Strom und Heizmaterial fehlte, das nicht nur kaum leistbar, sondern auch fast nicht vorhanden war.
Kurz vor Kriegsende 1945 durchschlug eine russische Granate eine Seitenwand des Saales, sodass der Spielbetrieb gänzlich eingestellt werden musste.

Nachkriegsjahre

In der russischen Zone der Alliierten gelegen, wurde das Kino über den Sommer von russischen Soldaten wieder spielbar gemacht und konnte im Herbst 1945 bereits wieder seinen Spielbetrieb aufnehmen. Da es kein Brennholz gab, mussten die Zuschauer:innen in den folgenden Monaten mit Decken und warmem Tee in die Vorstellungen kommen, von denen ein gewisser Prozent zudem in russischer Sprache war, um die hier stationierten Soldaten zu unterhalten, während der Besuch anderssprachiger Filme für den Großteil der Soldaten nicht erlaubt war.

Da Schramm zu Kriegsende NSDAP-Mitglied war, galt das Kino als "nazifiziert" und wurde unter die öffentliche Verwaltung von Dr. Alfred Migsch gestellt; ab 15. Oktober 1945 fungierte Rudolf Buder als tagesbetrieblicher Geschäftsführer des Kinos.

Im Zuge der "Entnazifizierung" erhielt auch Georg Schramm seinen Betrieb wieder zurück und führte diesen mit nur einem Schließtag pro Woche erfolgreich bis 1954 weiter. Das einsetzende "Kinosterben" ging auch an diesem beliebten Bezirkskino nicht spurlos vorüber: Ab 1955 reduzierte sich der Spielbetrieb auf dei Tage Freitag bis Dienstag.

In diesem Jahr löste auch Maria Hannauer ihren Vater Georg Schramm in der Geschäftsführung ab. Im Frühjahr 1956 erhielt das Kino eine CinemaScope-Anlage und eine neue, leicht gebogene größere Leinwand, die zu Folge hatte, dass man den Eingang verlegen musste, der nun unterhalb der Leinwand platziert wurde, sodass man vom Foyer aus einige Treppen hinunter und von dort in den schräg hinauf verlaufenden Zuschauerraum hinein gehen musste.

Georg Schramms Kino ging noch über weite Strecken in den 1950er-Jahren ausnehmend gut für ein Vorstadtkino, doch 1964 konnte der beliebte Kinobesitzer seinen Betrieb trotz aller Bemühungen nicht mehr halten: Am 19. Juni 1964 musste der Betrieb des Asperner Kinos für immer eingestellt werden.
Schramm verkaufte in der Folge Leinwand und Projektoren an das Weltbild Kino (21., Prager Straße 27), die Familie behielt sich eine Reihe von Logenstühle, die Türe zum Vorführraum und das Thermostadt des einstigen Kinoofens.

Die Räume des einstigen Kinos wurden zuerst an den Rennfahrer Stefan Sklenar vermietet, der hier eine „Rollschuhbahn“ einrichtete. Danach pachtete der Berliner Verleger Horst-Wolfgang Haase und Ehemann der Sängerin Renate Holm die Räume von Sklenr, um hier das Fotoatelier „Europa-Studio“ zu errichten und Prominente aus dem Umfeld des Ehepaars, darunter Peter Alexander und die Rolling Stones, zu porträtieren.

Heute findet man an der Adresse Wimpffengasse 25 ein Tanzstudio in einem neu errichteten einstöckigen Vorstadtgebäude.


Inhaber:innen


Lizenz/Konzession


Geschäftsführer:innen

Quelle
M.Abt. 350, Kinos: Kino- und Theaterpolizei, A14/2, 3: Kinos 23. bis 25. Bezirk


© KinTheTop/Angela Heide, zuletzt aktualisiert: 28.11.2024
Zitierweise: www.kinthetop.at/forschung/kinthetop_23_KinoInzersdorf.html, zuletzt eingesehen [Tag.Monat.Jahr]

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