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Gründung
1927 suchte der Wander-Lizenz-Inhaber Karl Rainer Nassimbeni bei der niederösterreichi-schen Landesregierung darum an, aus seinem Wanderunternehmen einen feststehenden Kinobetrieb machen zu können. Trotz der Bedenken bezüglich des Standortes wurde das Kino schließlich genehmigt, doch schon im Jänner 1929 legte der Kinogründer seine Konzession zugunsten von Karoline Baudisch zurück mit der Begründung, dass diese über das notwendige Kapital verfüge, um die „notwendigen Reformen vorzunehmen, um den Betrieb ertrags-fähiger zu gestalten“.

Das Kino hatte einen für eine kleines Bezirkskino typischen Fassungsvermögen von 265 Plätzen und spielte zu Beginn von Donnerstag bis Sonntag, später änderte die nunmehrige Leiterin Ella Rotter die Vorführungen auf die Tage Mittwoch sowie Freitag bis Sonntag.

1931 legte auch Baudisch „aus triftigen Gründen“, wie ihre Nachfolgerin in ihrem Ansuchen festhielt, die Konzession zu Gunsten von Ella Rotter (* 1885, Schönbrunnerstraße 110, 1050 Wien) zurück. Rotter und erhielt das Kino, das sie bis zum „Anschluss“ führte.


NS-Zeit: Enteignung und Deportation
1938 wurde Ella Rotter aufgrund ihrer jüdischen Abstammung von der Reichsfilmkammer umgehend enteignet und unter die „kommissarische Verwaltung“ des Filmvorführers Franz Stipcak gestellt. Stipcak versprach vorerst, den Betrieb käuflich zu erwerben, blieb Rotter jedoch die Zahlungen schuldig, sodass sich diese noch vor ihrer Deportation an den damali-gen Leiter der RFK, Außenstelle Wien, Dr. Peter Zimmer wandte und diesen persönlich er-suchte, die Übernahme offiziell zu regeln. Rotters Wunsch wurde nicht entsprochen, die Kinoeigentümer:innen schließlich deportiert und das Kino an Alfred Irrgang aus Brunn am Gebirge (Adolf-Hruza Straße 9) übertragen, der den Betrieb vorschriftsmäßig 1940 in Inzersdorfer Lichtspiele umbenannte.

An 8. Juli 1944 wurden die Inzersdorfer Lichtspiele als erstes Wiener Kino durch einen Bombentreffer getroffen, hielt den Spielbetrieb jedoch weiterhin offen, ehe es am 6. No-vember 1944 gänzlich zerstört wurde.

Nachkriegszeit
Nach Kriegsende suchten parallel der Kriegsinvalide Wolf (Adolf) Spiroch (Jg. 1908, Weitmosergasse 47, 1100 Wien), die KIBA sowie Rotters Sohn, Eric Rotter, dem die Flucht nach England gelungen war, um die Konzession bzw. im Falle Rotters um die Rückstellung des enteigneten Betriebes an.

Erich – Eric – Rotter, der in London lebte, wurde im Jänner 1947 in einem Schreiben der Republik mitgeteilt, dass er auf das neue Gesetz zu warten habe und erst dann wieder seine Ansprüche bei der Rückstellungskommission vortragen solle.

Erich – Eric – Rotter, der in London lebte, wurde im Jänner 1947 in einem Schreiben der Republik mitgeteilt, dass er auf das neue Gesetz zu warten habe und erst dann wieder seine Ansprüche bei der Rückstellungskommission vortragen solle.

Bis 1948 bemühte sich Rotter kontinuierlich um die Konzession und den Erhalt bzw. Neubau seines zerstörten Kinos, das er zuletzt sogar unter dem neuen Namen Kino Schlosstheater an einen neuen Standort in der Draschestraße 96 transferieren wollte, sobald er die Konzession wiedererhalten sollte. Neuer Geschäftsführer sollte auf Wunsch Rotters Josef Remes (Draschestraße 96) werden, der sich an der Seite von Maria Peschek (Draschestraße 68) und Rotter aktiv um das Neubauprojekt bemühte. Doch das Kinoprojekt scheiterte letztlich.

Erst im Jahr 1948 wurde festgestellt, dass sowohl Eric Rotters Mutter wie dessen Schwester Rita nach Riga deportiert und dort ermordet worden waren. Rotter verzichtete schließlich auf einen Neuaufbau des einstigen jüdischen Familienbetriebs, der nicht mehr wiedereröffnet wurde.


Inhaber:innen
Ella Rotter (1926-1938)
Alfred Irrgang (1939-1944)

Lizenz/Konzession
Ella Rotter (1926-1938), )
Alfred Irrgang (1939-1944)

Geschäftsführer:innen
Ella Rotter (1926-1938)
Franz Stipcak (kommissarischer Verwalter der NS-RFK)
Alfred Irrgang (1939-1944)

Quelle
M.Abt. 350, Kinos: Kino- und Theaterpolizei, A14/2, 3: Kinos 23. bis 25. Bezirk


© KinTheTop/Angela Heide, zuletzt aktualisiert: 28.11.2024
Zitierweise: www.kinthetop.at/forschung/kinthetop_23_KinoInzersdorf.html, zuletzt eingesehen [Tag.Monat.Jahr]

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