| < zurück Am 23. Februar 1912 wurde das neue, gediegen ausgestattete Kino in der Favoritenstraße 12 eröffnet. Das Haus wurde vom Prager jüdischen Architekten Siegfried Kramer geplant und im Jahr 1911 errichtet, für die Ausgestaltung der Kinoräumlichkeiten wurde Franz Safonith engagiert, der kurz zuvor gemeinsam mit Robert Oerley die Kleine Bühne in der Wollzeile 34 und 1908 das Kriegsministerium gestaltet hatte. Die Eigentümer-Gesellschaft von Max Rády-Maller (* 1876), der zu den damals umtriebigsten Kinobtreibern zählte, eröffnete auch mit einem Film aus dem eigenen Verleih, Maskierte Liebe mit Publikumsliebling Henny Porten (D 1911, Regie: Adolf Gärtner). Lizenzinhaberin war von Beginn an jedoch eine Frau, Gabriele Steiner, die diese nach fünf Jahren an Johann Klauders übertrug. In diesem Jahr wurde das Kino erneut umgebaut, die Sitzplätze auf 306 erweitert und das Kino in Anlehnung an das benachbarte gleichnamige Theater in Johann-Strauss-Kino umbenannt. Ähnlich wie im Theater wurden auch die Eintrittskarten je nach Preiskategorie in unterschiedlichen Farben gehalten. Eröffnet wurde mit Carl Wilhelms in Zirkusmädel und Des Pfarrers Töchterlein, erneut mit Henny Porten und in der Regie von Adolf Gärtnr (D 1913). Das eigene Kinoorchester wurde von Kapellmeister Silberschneider dirigiert. 1927 wurde das Kino von der Kommanditgesellschaft Ebner & Co. übernommen, die zu 53 Prozent bei Geza Klinger lag; 20 Prozent übernahmen Johanna Klinger und Margarethe Ebner und sieben Prozent ihr Mann und Geschäftsführer Berthold Maximilian Ebner. Erneut wurde das Interieur des Kinos erneuert und von Reinhard Völkel modernisiert. Im Oktober 1930 wurde das Kino für wenige Tage geschlossen, um eine Tonfilmanlage einzubauen, doch nachdem die Kollaudierung vorerst abschlägig beantwortet wurde, konnte erst im November des Jahres mit Die Csikós-Baroness aus der österreichischen Filmproduktionsfirma von Luuise und Jakob Fleck eröffnet werden. 1938 wurde das Kino von Ewald Kloser „arisiert“. Kloser war bereits illegaler Nationalsozialist gewesen und Träger des goldenen Bandes der NSDAP. Vorerst als „kommissarischer Leiter“eingesetzt, erwarb er 1939 das Kino „offiziell“ von der Reichsfilmkammer und nannte es, den Vorgaben des NS-Regimes folgend, nicht mehr Kino, sondern „Johann Strauß Filmbühne“. Johanna Klinger überlebte die Shoah nicht. Sie wurde am 12. März 1941 mit rund 1.000 weiteren Jüdinnen und Juden vom Wiener Aspangbahnhof aus deportiert und im polnischen Ghetto Opatów ermordet. Ihrem Sohn Stephen gelang die Flucht nach Amerika, wo er in Maryland lebte und US-Staatsbürger wurde. Ebenfalls die Flucht gelang dem Ehepaar Ebner, die vor ihrer Vertreibung auch das Admiral Kino in der Burggasse besaßen. Und auch Geza Klinger konnte sich durch die Emigration nach Brasilien vor der sicheren Ermordung retten und lebte nach dem Krieg in São Paulo. Nach Kriegsende konnte das Kino aufgrund seiner expliziten „Arisierung“ restituriert werden. Das Ehepaar Ebner setzte mit Grete Mandl eine Vertrauensperson als provisorische Leiterin ein, die auch ihr Admiral Kino ab diesem Zeitpunkt tagesbetrieblich leitete. Mandl bat jedoch, statt ihr selbst ihren Vater einzusetzen: Alexander Ragendorfer, einst Mitarbeiter des Wiener Tagblatts, hatte die Shoah zwar trotz seiner jüdischen Herkunft überlebt, konnte sich jedoch nach Kriegsende als Erwerbloser mit seiner Frau kaum über Wasser halten. Doch Mandls Wunsch wurde von den Besatzern nicht stattgegeben und statt Ragendorfer Marie Lille eingesetzt. Ragendorfer bemühte sich nun persönlich um die Übernahme der Geschäftsführung und wandte sich an die russische Militärregierung, die ihn tatsächlich einsetzte; Berichte mussten von nun an direkt an die Sovexport Film abgeliefert werden. Kloser bemühte sich seinerseits um einen Vergleich mit den einst von ihm enteigneten jüdischen Besitzer:innen. Er traf sich vorerst mit Margarete (Grete) Mandl und Otto Ernst Lichtenstern und versuchte die gegnerische Partei mit Verweisen auf Schulden und Geldbeträge im Gebäude zu überzeugen. Nachdem ein Vergleich vorerst nicht in Reichweite stand, kam es dennoch am 24. September 1949 dazu, und das Kino gelangte auf dem Rechtsweg wieder in die Besitzer:innen-Gemeinschaft von vor März 1938. Das Kino war von nun an wieder im Eigentum der Ebner & Co. KG, wobei die überlebenden einstigen Eigentümer:innen nicht mehr nach Wien zurückkehrten. Vertreterin der rechtlichen Interessen in Wien blieb Grete Mandl und ab 1952 der Firmen-Anwalt Otto Ernst Lichtenstern; Geschäftsführer war bis 1952 ihr Vater Alexander Ragendorfer und ab 1952 Robert Kutny. Das Johann-Strauss-Kino konnte sich zwar in den ersten Jahren des Kinosterbens noch halten, doch 1968 musste auch dieses Wiedner Kino für immer schließen. Der letzte Film, der hier am 30. Juni 1968 gezeigt wurde, war Die schöne Isabella mit Sophia Loren (I/F 1967, Regie: Francesco Rosi). Heute erinnert nichts mehr an das einst so beliebte Kino, an dessen Stelle Entrée und Foyer des Johann-Strauss-Hotels zu finden sind. Quelle und Links Thomas Jelinek, Florian Pauer: Die Wiener Kinos. Wien 2022, S. 12-17. www.juedischewieden.at < zurück |