Das Johann-Strauß-Theater wurde 1908 als Operettentheater anstelle des ehemaligen Graf Narkoschen Hauses gegründet. Der Grund gehörte Leopold Müller, der seit 1897 die Administration des Carltheaters leitete und ab 1900 auch Co-Direktor von Andreas Aman am Carltheater war. Müller erhielt zur Erbauung des neuen Theaters u. a. Kredite von der Baufirma Emanuel und Eduard Schweinburg sowie von einer Reihe anderer namhafter Geldgeber.

Müller reichte vorerst um eine Konzession für dramatische und musikalische Vorstellungen in deutscher Sprache, Schau- und Lustspiele sowie Schwänke und Possen ein. Das Theater sollte vorerst 1080 Personen Platz bieten, der Zuschauerraum umfasste schließlich bei der Eröffnung des Hauses 1192 Personen!

Nach Bewilligung der Konzession und dem Bau des neuen Hauses in der Favoritenstraße wurde das Johann-Strauß-Theater am 30. Oktober 1908 mit einem Prolog von Wolfgang Madjera eröffnet.
1911 suchte Müller darum an, dass auch sein Sohn Erich in den Konzessionsvertrag aufgenommen wurde. Gemeinsam leiteten Vater und Sohn das Großtheater bis 1912, im selben Jahr starb Leopold Müller, sein Sohn Erich erhielt als Erbe die Spielbewilligung bis 1913 und schließlich auf weitere 10 Jahre bis 1923.

Alexander Girardi, Josefine Baker und viele andere mehr traten hier in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts auf, ehe das Theater Ende der Zwanzigerjahre im Zuge der Wirtschaftskrise, aber auch der Einführung des wesentlich teureren Tonfilmes in eine erste schwere Krise geriet, in Folge dessen vorerst einmal das Theater geschlossen werden musste. 1930/31 wurde das Gebäude durch den bekannten Architekten Carl Witzmann zu einem Kino umgebaut. Und am 29. September 1931 wurde das neue Großkino unter dem Namen "Scala" eröffnet.
Konzessionär war zu diesem Zeitpunkt immer noch Erich Müller, der parallel dazu auch die Konzession für die Grazer Bühnengesellschaft hatte.
1934 wurde die Kiba Lizenzinhaberin für das Kino, und ab 1931 war sie auch Inhaberin des Betriebs, verpachtete ihn jedoch weiterhin an den nunmehrigen Konzessionär, die Grazer Bühnengesellschaft m.b.H., dessen Geldber, der Fabrikant Haas, auch Besitzer einer Reihe von Grazer Kinos und Pächter des Stadttheaters der Stadt Graz war.

"Im Scala-Kino wurden jene baulichen Maßnahmen verwirklicht, die in den Dreißigerjahren einen modernen Kinopalast ausmachten: Außen eine hell erleuchtete Fassade mit großen Plakatflächen, die durch Aufgabe einiger Fenster des Galeriefoyers gewonnen wurden; innen ein großzügiges Foyer mit Garderoben und Büffets für mehr als 1.300 Personen. Besonders stolz war man auf die von allen Plätzen optimale Sicht auf die 42m² große Leinwand. Die unabdingbare Kinoorgel und die seitlich angebrachten Lautsprecher konnten rasch und geräuschlos in der Bühne versenkt bzw. hoch gezogen werden, sodass ein rascher Wechsel zwischen Film- und Theateraufführungen möglich war. Der Zuschauerraum wurde von zehn Lustern erhellt, die je nach Wunsch in vier verschiedenen Farben direktes oder indirektes Licht gaben. Anerkennung fand auch die Belüftungsanlage, die dem Kinosaal pro Stunde 60.000m³ Luft in Raumtemperatur zuführte. […] Dieser Kinobau repräsentierte - wie es schien - den endgültigen Sieg des Kinos über das Theater - auch in Wien. [...] Zur Eröffnung des Scala Kinos folgte auf die Festfanfaren des Bläserorchesters der Wiener Staatsoper ein Vortragsspiel auf der neuen Kino-Kilgen-Orgel. Anschließend wurde die Scala-Jazzband unter der Leitung von Franz Fox vorgestellt, bevor der Vorhang für den 'wienerischsten' aller Wien-Filme aufging: Der Kongress tanzt - eine Weltpremiere." (Grafl 1993, S. 116f.)

Siegfrid Geyer schrieb anlässlich der Eröffnung des neuen Wiener Großkinos an der Stelle des ehemaligen Operettentheaters: "Es ist schon sehr schön und großstädtisch. Das Haus könnte in London, in Paris stehen, vielleicht in New York. Es beweist, dass der Film das einzige den Künsten verwandte [!] Genre ist, das Geld investiert und Geld hat. Die Konkurrenz, die die Theater zu bestehen haben, wird immer schwerer, wenn die Schlösser des Tonfilms die Zuschauer so mächtig anziehen wie dieses neue Lichtwunder." (Zit. n. Grafl 1993, S. 117)

Das Premierenkino verfügte phasenweise über eine eigene Ballettgruppe, und Schauspieler zeigten hier immer wieder kurze Sketches vor dem Hauptfilm. Auch die Gliederung des Abends war gediegen: Man zeigte nach der Wochenschau meistens einen Kurzfilm, danach einen Zeichentrickfilm und schließlich - wenn es dazwischen nicht noch die genannten theatralen "Einlagen" gab, den Hauptfilm.
1931 führte man hier den Tonfilm ein.

Von 1933 bis 1938 betrieb Rudolf Beer das Haus neuerlich als Sprechbühne - und behielt dabei den Namen des ehemaligen Kinos.

Während des Nationalsozialismus wurde das Gebäude neuerlich zu einem Kino, das vor allem für die Aufführung von Propaganda- und Unterhaltungsfilme der Ufa diente - so etwa zur Eröffnung des Kinos unter nationalsozialistischer Führung mit dem Film Heimat und dessen Star Zara Leander, die für den Galaabend auch nach Wien gereist kam (entgegen den Erwartungen des Publikums jedoch nicht sang, wie sich Koizar 1986 erinnert). Im Oktober 1941 zeigte man hier Heimkehr mit Paula Wessely. Im Juli 1943 hatte an der Scala der erste Farbfilm der Ufa, Baron Münchhausen mit Hans Albers, seine Wiener Premiere. Zwei weitere große Film-Erfolg der 40er-Jahre in der Scala war u. a. Der Postmeister mit Hilde Krahl und Wiener G'schichten - ein fulminanter Erfolg, bei dem sich die DarstellerInnen nach der Filmpremiere über 30-mal verbeugen mussten.

1945 beschlagnahmte die Alliierten das in der russischen Zone gelegene Gebäude, um es - ebenfalls als Kino - für Propagandazwecke zu nutzen. Doch das ehemalige Theater hatte eine Drehbühne und eine Versenkung, so dass sich der aus dem Schweizer Exil nach Wien zurückgekehrte Schauspieler und Regisseur Karl Paryla bereits ab 1946 bei der von KPÖ-Mitglied Viktor Matejka geleiteten Kulturstelle der Stadt Wien um eine neuerliche Theater-Konzession bemühte, die er auch 1948 erhielt: Das "Neue Theater in der Scala" wurde von 16. September 1948 (Eröffnung mit Johann Nestroys Höllenangst) bis 1956 von einem überwiegend kommunistischen Leitungsteam geführt. Obgleich eines der künstlerischen Zentren der Stadt, wurde das Theater 1956 zu einem der ersten Opfer des Kalten Krieges, musste - trotz heftigster Proteste der breiten Öffentlichkeit und der Wiener Theaterschaffenden - aufgrund der heftigen Streitigkeiten um Unterstützung und Besitzrecht geschlossen werden und wurde noch im selben Jahr (nach andere Angaben 1959) abgerissen. - Der ehemalige Filmoparateur der Scala wechselte übrigens danach an die Urania, wo er bis zu seiner Penionierung weiterhin die großen Filmerfolge der großen Scala-Jahre spielte.

Texte
Koizar 1986, S. 50ff.

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