| < zurück Das Margaretener Kleinkino wurde 1906 unter dem ersten Namen „Wiedner-Grand-Kinematographen-Theater“ eröffnet, was im Rückblick eigenartig sein mag, lag das Kino doch im Zentrum des ehemaligen „Matzleinsdorfs“ an der Ecke von Matzleinsdorfer Platz 2 und Grünwaldgasse 1, die jedoch die kleine Verlängerungsstraße zur Wiedner Hauptstraße ist und daher wohl namensgebend wurde. Das Wohnhaus selbst wer erst kurz zuvor, 1905 durch den Architekten Leopold Fuchs errichtet worden, sodass sich das zwar kleine, aber für damalige Verhältnisse in attraktiver Lage und Ausstattung eröffnete Kino, das die „Vorführung lebender Bilder“ versprach, bald schon über regen Publikumszuspruch freuen durfte. Ab 1909 leitete Marie Rüppel das Kino als Inhaberin des Betriebs und der Lizenz. Ein erhaltenes Foto der ersten Jahre zeigt einen schmalen Eingang sowie drei gleich schmale Fensterfronten im Erdgeschoß des Spätgründerzeithauses; daneben das kleine Geschäftslokal mit der Aufschrift „Schnittzeichnen.Kleidermachen“ – und vor dem Kino reges Treiben. 1917 verkaufte Rüppel nach acht Jahren als Kinoleiterin den Betrieb an Rudolf Pospischill, der das nun als „Metropol Kino“ fungierende Bezirkskino seinerseits nach nur vier Jahren weiterverkaufte. Neue Inhaber waren die pensionierten Bankbeamten und Investoren Leopold Mößlinger, der bald darauf das Döblinger Ideal Kino kaufte, und Hans Taschler, dessen Name man später im Oberlaaer Taschler-Kino wiederfindet. Die beiden fungierten offiziell als Inhaber und offizielle Geschäftsführer den Behörden gegenüber, während die Lizenz von 1921 bis 1929 ihrerseits auf Lorenz Redtenbacher (auch: Rettenbacher) lief, der de facto als tagesbetrieblicher Geschäftsführer des Kinos fungierte. Letzterer galt als 100-prozentiger Kriegsinvalide und erhielt von den beiden Eigentümern für seine Geschäftsführerfunktion 60 Schilling im Monat. 1926 wechselte Mößlinger nach Döbling, sodass von nun an nur noch Taschler Eigentümer des Kinos und Redtenbacher dessen Leiter waren. Die rechtlich unerlaubte Konstruktion flog in der Folge des Inhaberwechsels auf, als deutlich wurde, dass nicht Redtenbacher, sondern die beiden bisherigen Eigner als Geschäftsführer gelistet worden waren, diese Funktion jedoch nicht ausgeführt hatten. Redtenbacher versuchte es noch mit einem Einspruch beim Obersten Verwaltungsgerichtshof, hatte jedoch mit diesem nicht den erhofften Erfolg und übergab 1930 so auch die nunmehrige Konzession an den Eigentümer Hans Taschler. 1931 wurde auch in dem schmalen Bezirkskino eine Tonfilmanlage eingebaut und das Kino für ein paar Jahre als „Metropol Tonkino“ geführt, ehe es ab 1937 für kurze Zeit wieder Metropol Kino hieß. Der erste Tonfilm, der hier gezeigt wurde, war Ihre Majestät, die Liebe (D 1931, Regie: Joe May) mit Käthe von Nagy und Otto Wallburg. Nagy floh wenige Jahre darauf vor der NS-Verfolgung nach Frankreich und später in die USA; Wallburg, der zu den meistbeschäftigten Darstellern vor 1938 zählte, wurde 1944 im KZ Auschwitz ermordet. NS-Zeit Taschler als Kinobesitzer und Konzessionsinhaber blieb bis 1938 in diese Funktion. Ab 1940 war Maria Taschler im Erbgang Eigentümerin des Kinos, ihr folgte 1942 Margarete Tichy. Den Vorgaben des NS-Regimes folgend, nannten die neue Betreiberin das Kino „Metropol Lichtspiele“. Nachkriegszeit 1949 wurde das Kino von den beiden Architekten Lucca Chmel und Karl Schwanzer neu und zeitgemäß adaptiert. Thomas Jelinek beschreibt die damaligen Veränderungen folgendermaßen: „Rundum erneuert wurden die Außenfassade mit einer modernen Lichtwerbung, der Wartesaal und der Kinosaal. Im Wartesaal gab es eine effektvolle Fotomontage von Filmstars in Großformat. Im Kinosaal verzichtete man auf seitliche Stoff- oder Heraklith-Verkleidungen. Einzig die Saalrückwand erhielt eine Vertäfelung zur Nachhallbeseitigung. Erstmalig kamen bei der Adaption des Saales neuartig konstruierte schalldämmende Türen zum Einsatz, die den störenden Verkehrslärm der stark befahrenen Kreuzung Gürtel/Matzleinsdorfer Platz dämpfen sollten.“ (Die Wiener Kinos, Bd. 2, 2022, S. 64. Jelinek zitiert hier eine ältere Beschreibung in Der Bau 5/1–2 aus dem Jahr 1950: „[...] Blick gegen die Leinwand. Im Kinosaal wurde jegliche Verkleidung der Wand mit Stoff oder Heraklith vermieden. Nur die Saalrückwand ist mit RTB-Schlitzplatten vertäfelt. Auch für die Deckenführung war die Herstellung einer guten Akustik maßgebend. Bei der Gestaltung dieses Kleinkinos wurde besonderes Augenmerk darauf gelegt, tatsächlich einen Vorführraum für Filme zu gestalten und jeglichen Eindruck eines Film-,Theaters‘ zu vermeiden. Es wurde versucht, eine der Materie des Films entsprechende Form zu finden. Jeder dekorative Theatereindruck ist hier fehl am Platz.“) An der Außenfasssage lud nun, in modernen Kleinbuchstaben, das „kino metropol“ zum Besuch ein. Ab 1952 wurde das Metropol Kino neuerlich von einer Frau geführt: Maria Jecny-Winkelbauer, die das Kino bis zu dessen Schließung während der ersten Welle des „Wiener Kinosterbens“ leitete. Winkelbauer war Inhaberin und Konzessionärin sowie bis 1966 auch Geschäftsführerin im Tagesbetrieb, die letzten drei Jahre übergab sie die Geschäftsführung an Margarete Winkelbauer. Der letzte Film, der hier gezeigt wurde, war Mary Poppins (USA 1964, Regie: Robert Stevenson). Am 28. September 1969 schloss das Metropol Kino nach über 60 Jahren Spielbetrieb für immer seine Türen. Reges Verkehrsaufkommen verzeichnet der Matzleinsdorfer Platz noch heute, doch da, wo einst eines der beliebtesten Vorstadtkinos stand, befand sich später der Schauraum einer Wiener Stuckmanufaktur. 2025 findet man bei der Recherche nach der Adresse eine Post-Abholstation sowie Hinweise auf den neuen U-Bahn-Bau der Gemeinde Wien.
![]() Die Fotos zeigt das Kino nach dem Umbau und der Adaptierung 1948/1949 durch die Wiener Architekten Karl Schwanzer und Luca Chmel (1918–1975). Schwanzer zeichnete zudem für das Blickle Kino verantwortlich, das sich heute noch im Originalzustand im Keller des Belvedere 21 befindet. 1979 folgte mit dem August-Bergmann-Hof ein weitere Bau Schwanzers, dieses Mal an der Stelle der von der Gemeinde Wien 1960 abgerissenen Scala. Quellen und Links Wiener Stadt- und Landesarchiv (WSTLA), M.Abt. 104, A11: 5. Metropolkino WStLA, Reichsfilmkammer, Außenstelle Wien, A1 – Kinoakten: 77 Metropol-Kino Thomas Jelinek, Florian Pauer: Die Wiener Kinos. Bd. 2. Wien 2022, S. 60–64. Lucca Chmel/Karl Schwanzer: Lichtspieltheater. In: Der Bau 5/1–2 (1950), S. 14. G. Hofer, U Schögl: Lucca Chmel. Architekturfotografie 1945–1970. Wien 2004, S. 124. Foto © ÖNB, Bildarchiv, Digitale Sammlung, CHM 705 (Lucca Chmel) www.geschichtewiki.wien.gv.at/Wiedner_Grand_Kinematograph_-_Metropol www.architektenlexikon.at/de/1400.htm < zurück |